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Mesotherapie: wissenschaftliche Evidenz oder lukratives Geschäft?


Die Mesotherapie wurde um 1960 in Frankreich entwickelt (Michel Pistor, 1924–2003). Diese komplementärmedizinische Methode enthält Elemente aus Akupunktur und Neuraltherapie. Als serielle und flächig anwendbare Mikro-Injektionstechnik wird sie zunehmend für ästhetische Zwecke eingesetzt. Hautstraffung und -verjüngung versprechen als Behandlungsziel straffe Haut und Jugendlichkeit.

Die älter werdende und durch UV-Strahlung geschädigte Haut („Photoaging“) verliert ihr jugendliches Aussehen und altert. Bei der Mesotherapie zur Hautverjüngung (auch „Mesolift“ genannt) soll die Haut revitalisiert und neu aufgebaut werden. Dazu werden mit Spritzen, mit eigens entwickelten „Mesolift-Pistolen“ oder durch nadelbesetzte Rollinstrumente („Mesoroller“, Abb.)[2] nicht standardisierte Injektionslösungen (Wirkstoffmischungen der Schulmedizin, Vitamine und auch homöopathische oder phytotherapeutische Präparate) in die mittlere („meso“) Hautschicht eingebracht. Diese intrakutane „Injektionsakupunktur“ ist mit dem neuraltherapeutischen „Quaddeln“ vergleichbar.

Die verwendeten Substanzen sind sehr unterschiedlich und können Hyaluronsäure, Vitamine, Aminosäuren, Spurenelemente und Medikamente enthalten. Oft werden die Inhaltsstoffe nicht angegeben und mit Fantasienamen versehen. Die beliebtesten Behandlungsareale sind Gesicht (Faltenbehandlung), Hals, Dekolletee und die Oberschenkel (Cellulite). Gute Ergebnisse des sog. „Mesolift“-Verfahrens zur Behandlung von oberflächlichen feinen Fältchen werden mit Hyaluronsäure, die zur Feuchtigkeitsbindung in der Haut beiträgt, beschrieben. Die angegebenen Behandlungsschemata werden von den jeweiligen BehandlerInnen vorgegeben, meist sind es mehrere im Abstand von einigen Wochen. Jedenfalls wird propagiert, dass „die Behandlung schnell und oft anhaltend wirksam ist und bei richtiger Anwendung für den Patienten nahezu keine Nebenwirkungen hat“.[3] Dem diametral entgegen sprechen Berichte über zahlreiche unerwünschte Nebenwirkungen aus der medizinischen Fachliteratur.[4, 5]

Wirkungen und unerwünschte Wirkungen

Als Hauptwirkungen im Bereich der „Anti-Aging“-Behandlungen werden Beschleunigung der Kollagenproduktion, Feuchtigkeitsspeicherung in der Haut, Neutralisierung freier Radikale (antioxidative Wirkung) und Hilfe für die körpereigenen Reparaturprozesse angegeben. Auch wenn die Deutsche Gesellschaft für Mesotherapie festhält, dass „die Anwendung der Mesotherapie ausschließlich Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten ist“, ist zu hoffen, dass diese „Regel“ auch beherzigt wird.[3]

Bisher gibt es keine standardisierten Studien zur Mesotherapie, jedoch mehrere Berichte über ernst zu nehmende nicht erwünschte Nebenwirkungen wie Granulombildung und/oder bakterielle Infektionen. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich das interessante Konzept der Mesotherapie mit pharmakologisch „sauberen“ Substanzen in placebokontrollierten Studien auf Evidenz-Level einbringt, um damit klinische Seriosität zu erreichen.

Referenzen:

[1] Atiyeh BS, Ibrahim AE, Dibo SA : Cosmetic mesotherapy: between scientific evidence, science fiction, and lucrative business. Aesthetic Plast Surg 2008; 32(6): 842-9. Epub 2008 Jul 29. Review

[2] www.cosmomed.de

[3] www.mesotherapie.org

[4] Gokdemir G, Küçükünal A, Sakiz D: Cutaneous granulomatous reaction from mesotherapy. Dermatol Surg 2009; 35(2): 291-3

[5] Del-Castillo M, Palmero D, Lopez B, Paul R, Ritacco V, Bonvehi P, Clara L, Ambroggi M, Barrera L, Vay C: Mesotherapy-associated outbreak caused by Mycobacterium immunogenum. Emerg Infect Dis 2009; 15(2): 357-9

Autorin: Univ.-Prof. Dr. Daisy Kopera, Fachärztin für Dermatologie, akademische Gerontologin, Univ.-Klinik für Dermatologie (Vorsitzende/Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen, Obfrau MBV– Mittelbauverein, Mitglied des akademischen Senats der MUG), Medizinische Universität Graz, E-Mail: daisy.kopera@medunigraz.at

Quelle/Link:http://dermatologie-allergologie.universimed.com/artikel/mesotherapie-wissenschaftliche-evidenz-oder-lukratives-geschäft